Eine Zukunft ohne Plastik. Auf dem Weg zu einer „Zero Waste“- Gesellschaft?!
Am Mittwoch, dem 30. Januar 2019 luden das Oekozenter Pafendall und der Mouvement Ecologique alle Interessierten zur Konferenz „Eine Zukunft ohne Plastik. Auf dem Weg zu einer Zero Waste-Gesellschaft!?“ ein.
Trotz des winterlichen Wetters war die Konferenz ausgebucht und ein buntes Publikum versammelte sich im Hotel Parc Belle-Vue, um über eine abfallfreie Welt zu diskutieren.
Drei Referenten haben zu diesem interessanten Abend beigetragen: Dr. Henning Wilts vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie, Laura Chatel von Zero Waste France und Robert Schmit, Direktor der Umweltverwaltung.
Alle teilen den alarmierenden Ausgangspunkt der Plastikverschmutzung. Die weltweite Kunststoffproduktion hat sich seit den 1950er Jahren um das 20-Fache erhöht, und nach den Prognosen der Kunststoffindustrie wird sich die Produktion bis 2050 nochmals vervierfachen. Wenn wir in dieser Weise fortfahren, werden die Ozeane im Jahr 2050 (nach Gewicht) mehr Kunststoff als Fisch enthalten.
In Anbetracht des Ausmaßes der Umweltverschmutzung sei es oberste Priorität, „den Wasserhahn zuzudrehen“, gibt Laura Chatel an. Aber seit den 50er Jahren ist Kunststoff das Allheilmittel. Da er sehr preiswert und flexibel für alle Anwendungen ist, wird er derzeit überall eingesetzt. Das Recycling ist jedoch, aufgrund der technischen Gegebenheiten und der fehlenden Infrastrukturen oder des Marktes für recycelten Kunststoff, sehr schwierig. Die Tatsache, dass die Menschheit seit 50 Jahren ein Produkt herstelle ohne sich jemals mit seiner Abbaubarkeit befasst zu haben, entsetzt.
„Es wurde nicht danach gefragt“, kommentiert Herr Wilts.
Aus diesem Grund, aber auch getrieben durch das wirtschaftliche Versprechen der Kreislaufwirtschaft und die Notwendigkeit die Meeresverschmutzung einzudämmen, hat die Europäische Kommission eine Richtlinie zur Beschränkung von Einwegkunststoffen vorgeschlagen. Und selbst wenn die Richtlinie auf Dringlichkeit reagiert, tut sich die Europäische Union noch schwer damit, die Grundlagen für eine wirkliche Politik der Verminderung von Kunststoffen an der Quelle zu schaffen.
Dies ist die heikle Frage des Abends. Was sollte die Politik eigentlich tun, um Verbraucher und Hersteller dazu zu bewegen, Kunststoffabfälle und Verpackungen zu reduzieren?
In dieser Frage scheint Laura Chatel den Verbrauchern viel Gewicht zu geben. Auf Verpackungen entfällt fast 60% des Kunststoffverbrauchs, und gerade in diesem Bereich explodiert dessen Wachstum. Hersteller verfolgen ihre Produktverkäufe hingegen sehr genau und sind offen für die Vorlieben der Verbraucher. Der Verbraucher hätte daher einen großen Einfluss, vielleicht sogar mehr auf die Verpackungsvermeidung als auf ein anderes Umweltthema, fügt Laura Chatel hinzu.
„Zero Waste“ zwingt uns, unsere Lebensweise, unsere Verschwendung von Ressourcen, unseren übermäßigen Konsum und die Organisation unserer Gesellschaft zu „überdenken“.
Da die Kreislaufwirtschaft den Wunsch zu verdecken scheint, die Produktion und den Verbrauch auf diesem hohen Niveau weiterzuführen, da die Materialien recycelt und wiederverwendet werden können und Verluste kontrolliert werden, fordert das „Zero Waste“ eine grundsätzliche Infragestellung unseres wachstumsorientierten Wirtschafts- und Sozialsystems. Durch die Schaffung des Raums zum „Umdenken“ unseres Konsums gewinnen Bürgerinitiativen (z. B. abfallfreie Geschäfte) an Stellenwert.
Die Antwort von Dr. Henning Wilts ist sehr klar: „Es ist ein ganz hartes Brett das Thema „Vermeidung“ irgendwo in der Politik zu verankern. Die Frage ist, wie schafft man Rahmenbedingungen, bei denen alle Akteure sehen: Es macht Sinn Abfall zu vermeiden, weil aktuell macht es für Unternehmen keinen Sinn.“
Sein Vortrag konzentriert sich, vielleicht aus Pragmatismus, größten Teils darauf, die Einbeziehung des Kunststoffs in die Kreislaufwirtschaft und das Recycling zu verbessern.
Trotz der wirtschaftlichen Versprechungen der Kreislaufwirtschaft und des wirtschaftlichen Verlustes, der nach der ersten Verwendung auf 95% des ursprünglichen Verpackungswertes geschätzt wird, stecken die Kreislaufwirtschaft und das Recycling von Kunststoff noch in ihren Kinderschuhen. In Europa werden derzeit nur 6% des Kunststoffverbrauchs mit recyceltem Kunststoff abgedeckt.
Darüber hinaus scheint alles darauf hinzudeuten, dass es sich nicht so bald ändern wird. Die für die Sammlung, den Transport und die Entsorgung von Abfällen notwendigen Investitionen sind beträchtlich und unterstützen dieses Modell weiterhin. Abfallwirtschaft ist im Gegensatz zu Abfallvermeidung ein lukratives Geschäft. Wie man in diesem Fall weniger Verpackung zum Geschäftsmodell macht, ist laut Herr Wilts eine zentrale Herausforderung.
Dr. Henning Wilts schlägt vor, dass „jeder Hersteller, der eine Verpackung auf den Markt bringt, auch individuell dafür sorgen muss, dass sie recycelt wird. Dann hätte er tatsächlich einen Anreiz, um zu überlegen: Wie vermeide ich Verpackungen? “
In Bezug auf die öffentliche Politik stellt er fest, dass bisher kein Staat eine konkrete Strategie entwickelt hat, um eine Zero Waste-Gesellschaft zu ermöglichen. Die Politikmaßnahmen der Staaten sind eher informativ oder basieren auf freiwilligen und nicht auf regulatorischen Vereinbarungen.
Wie gestaltet sich die Situation in Luxemburg?
Herr Robert Schmit, Direktor der Umweltverwaltung, stellte die Zahlen und die Abfallwirtschaftungspolitik Luxemburgs vor, die auf einem selektiven Recycling von hoher Qualität basieren. In Bezug auf die Prävention sind erfolgreiche Projekte wie die Öko-Tüte und die EcoBox ermutigende Beispiele, die zeigen, dass Konsumenten ihre Gewohnheiten relativ leicht ändern, wenn die Alternative einfach zu bedienen und die Logistik und Infrastruktur vorhanden ist. Luxemburg wird eine Zero Waste-Luxemburg-Strategie verabschieden, konkrete Daten werden jedoch erst im nächsten Sommer veröffentlicht.
Am Ende der Konferenz fand eine lebhafte Diskussion zwischen den zahlreich erschienenen Besuchern und den Referenten statt. Die Aufmerksamkeit, die das Publikum diesem Thema fast 4 Stunden lang widmete, und die vielen Fragen, zeugten von der Begeisterung für Zero Waste, aber auch von ernsthaftem Interesse an den Folgen unseres übermäßigen Plastikkonsums.
Es ist daher wichtig, die Politik weiterzuentwickeln, um echte Anreize zu schaffen, die es den Bürgern, den Verbrauchern sowie den Unternehmen und Herstellern ermöglichen, die Abfallvermeidung zu einer funktionierenden Alternative zu entwickeln. Wie die Umweltministerin Carole Dieschbourg erklärte, sei dies eine große Herausforderung, da wir das Ziel einer Zero Waste-Gesellschaft nicht erreichen könnten, ohne dass diese durch ein neues Narrativ, angepasst an unsere moderne Zeit, unterstützt würde – ein Narrativ, das sich auf unsere wahren Werte konzentriere und unseren Konsum und die Gesellschaft von morgen neu definiere.